Montag, 06. Mai 2019, 19.30 Uhr, Foyer der Bezirksregierung, Domplatz 1–3, Münster |

Diskussion mit

  • Klaus Boers, Professor für Kriminologie, Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der WWU Münster
  • Sebastian Fiedler, Kriminalhauptkommissar und Bundesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter

Moderation: Hubert Wimber, Polizeipräsident a. D., Mitglied von Debatte e. V.

Der Eintritt ist frei, Anmeldungen und Sitzplatzreservierungen bitte per E-Mail.

„NRW wird sicherer – Die Angst bleibt.“

Dies war der Titel in den Westfälischen Nachrichten vom 14. Februar 2019 zu einem Artikel, in dem über die Vorstellung der Zahlen der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik 2018 für Nordrhein-Westfalen durch Innenminister Herbert Reul berichtet wurde. Wesentliche Botschaft des Innenministers war, dass die Fallzahl der registrierten Straftaten auf den niedrigsten Stand der letzten 30 Jahre gesunken ist.

Diese Entwicklung ist nicht auf Nordrhein-Westfalen beschränkt, sondern bundesweit ist festzustellen, dass die Kriminalitätsbelastung sowohl was die Zahlen der Gewaltdelikte als auch die der allermeisten sonstigen Delikte betrifft, seit vielen Jahren rückläufig ist. Dies gilt nicht nur für die polizeilich registrierten Straftaten, sondern wird durch viele Dunkelfeldstudien in Form von Opfer- und Täterbefragungen bestätigt.

Angesichts dieses Befundes könnten sich die für die innere Sicherheit Verantwortlichen doch entspannt zurücklehnen in dem Gefühl, dass wir alle in einem der sichersten Länder der Welt leben und die durch Zahlen und Fakten belegte Kriminalitätslage so gut ist wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Doch das genaue Gegenteil ist der Fall. Spektakuläre Kriminalitätsfälle und deren mediale und politische Darstellung führen zu einer Verschlechterung des subjektiven Sicherheitsgefühls bei weiten Kreisen der Bevölkerung ohne einen entsprechenden empirischen Befund. Der Staat ist die wesentliche Instanz auf dem Feld der Sicherheitsproduktion, die dem zunehmenden Bedürfnis nach individueller, bürgerlicher Sicherheit Rechnung tragen kann und will.

Die innere Sicherheit wird in diesem gesellschaftlichen Kontext von der Mehrzahl der politischen Parteien als Kernkompetenz für sich reklamiert. Auf der Ausführungsebene führt dies zu einem massiven Ausbau der Befugnisse und Ressourcen der Nachrichtendienste und zu einer in immer wieder neuen Schritten vorgenommenen Erweiterung der Eingriffsbefugnisse der Polizei für Situationen schon weit im Vorfeld einer konkreten Gefahr. Veränderungen im Straf- und Strafprozessrecht erfolgen durch die Schaffung neuer Straftatbestände und die Verschärfung von Strafandrohungen. In diese Kategorie gehört ebenfalls die Zielsetzung, die Polizei im Bund und in den Ländern personell zu stärken. Da diese Entgrenzung des Sicherheitsrechts mit neuen staatlichen Eingriffen in die Freiheitsrechte der Bürger*innen  durch die Sicherheitsbehörden einhergeht, konstatieren viele mit diesem Thema Befasste eine massive Verschiebung der Balance von Freiheit und Sicherheit zulasten der Freiheit.

Ist das wirklich so?

Diese und andere Fragen wollen wir diskutieren:

  •  Hat sich die Angst, Opfer einer Straftat zu werden, wirklich erhöht oder dient dieses Narrativ vielmehr der Politik dazu, auf dem Gebiet der inneren Sicherheit Handlungsfähigkeit zu beweisen?
  • Welche weiteren Politikfelder sind ursächlich für den Bedeutungszuwachs von individueller Sicherheit und der „lebensweltlichen Verunsicherung“?
  • Welche Rolle spielen die Medien in diesem gesellschaftlichen Diskurs? Die „Entdeckung der libanesischen Großfamilien“ als neue Gefahr für die innere Sicherheit und ihre Instrumentalisierung in der Sicherheitsdiskussion.
  • Welche Bedeutung hat die „Versicherheitlichung“ des Themas Migration und der Bedeutungsverlust des Nationalstaates angesichts von Globalisierung und zunehmender Mobilität?
  • Die Rolle des Bundesverfassungsgerichtes in diesem Diskurs – notwendiges rechtsstaatliches Korrektiv gegen die Entgrenzung des Sicherheitsrechts?
  • Objektive Sicherheitslage versus subjektives Sicherheitsgefühl – helfen Fakten gegen die Emotionalisierung?
Der Staat und die Sicherheitsgesellschaft: Auf dem Weg in den Sicherheitsstaat?
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