Lesung und Diskussion mit

Prof. Sabine Böhne-Di Leo, Autorin des Buches Die Erfindung der Bundesrepublik – Wie unser Grundgesetz entstand (Kiepenheuer & Witsch)

Ruprecht Polenz, CDU, ehemaliger Bundestagsabgeordneter, seit 2013 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde. von 2005 bis 2013 Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, Vorsitzender im ZDF-Fernsehrat u. a.

Moderation: Sylvia Rietenberg, Fachreferentin für Straffälligenhilfe und Wohnungspolitik beim Paritätischen und Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Stadt Münster

Am 23. Mai feiern wir den 75. Geburtstag des Grundgesetzes und das Bestehens der Bundesrepublik. Es scheint es nach all den Jahren aber nicht gut um die Demokratie zu stehen. Nicht ohne Grund sind in den letzten Wochen hunderttausende Menschen auf die Straße gegangen, um die vor so vielen Jahren formulierten Grundwerte zu verteidigen, aber auch, um sich gegen die Ziele der AfD zu stellen, die eine „Remigration“ bzw. Deportation von Menschen, die nicht deren Vorstellung vom „Volk“ entsprechen, propagiert.

Die Demokratie ist das Herzstück unserer Gesellschaft. Sie ist das Fundament, auf dem um unser Zusammenleben wächst. Mit den verbrieften Rechten können wir kämpfen: gemeinsam gegen die Klimakatastrophe, für ein freies und friedliches Zusammenleben in Deutschland, für ein freies Europa.

Während sich viele Menschen der hohen Bedeutung unserer Demokratie bewusst sind, lässt sich ein zunehmender Rechtsruck in großen Teilen der Bevölkerung erkennen, nicht nur in Deutschland, auch in Europa bis hin in die USA: rechte Ideologien gewinnen an Akzeptanz, Populismus und Egoismus setzen sich durch, und die Solidarität untereinander, das Miteinander in aller Unterschiedlichkeit wird auf die Probe gestellt.

In Zeiten wie diesen ist es daher umso entscheidender, zusammenzustehen und sich für Vielfalt und Zusammenhalt einsetzen. Dazu hilft es aber auch, in die Vergangenheit zu schauen und das wollen wir mit dieser Veranstaltung auch machen.

Das Grundgesetz ist auch eine Antwort auf die Nazi-Diktatur. Macht soll durch Gewaltenteilung und Föderalismus begrenzt und kontrolliert werden. Die Normen des Grundgesetzes sind keine Realitätsbeschreibungen. Sie sind Maßstäbe und Zielbeschreibungen für staatliches Handeln. Das gilt auch für das Sozialstaatsgebot.

Ruprecht Polenz, langjähriger Abgeordneter im Bundestag

Aus der Perspektive meiner langjährigen Tätigkeit als Sozialarbeiterin und als Referentin des Paritätischen, ist das Sozialstaatsgebot eine der wichtigsten Errungenschaft unseres Landes. Wie im § 20 des Grundgesetzes beschrieben, soll der Staat für einen sozialen Ausgleich zwischen starken und schwachen gesellschaftlichen Gruppen sorgen. Mit dem Sozialstaatsgebot wurde eine wesentliche Grundlage für das Zusammenleben in der Gesellschaft geschaffen. Leider muss konstatiert werden, dass die Lücke zwischen dem damals formulierten Anspruch und der heutigen Realität groß ist – der Abstand hat sich in den letzten Jahren sogar vergrößert, erscheint zunehmend unüberbrückbar. Das muss sich wieder ändern!

Sylvia Rietenberg

Teilnahme und Anmeldung

Die Teilnahme ist kostenfrei. Anmeldungen bitte per E-Mail oder Kontaktformular.



WEITERE INFORMATIONEN

Die Erfindung der Bundesrepublik – Wie unser Grundgesetz entstand (Verlag Kiepenheuer & Witsch, 2024)

Zur Person: Prof. Sabine Böhne-Di Leo, Studiengang Ressortjournalismus, Hochschule Ansbach

„Sommer 1948: Die „Rosinenbomber“ versorgen das von der Sowjetunion abgeriegelte Westberlin von der Luft aus. Zeitgleich tagen in Bonn 61 Männer und vier Frauen, um das Grundgesetz des zukünftigen deutschen Staates auszuarbeiten. Mit Blick auf die historischen und machtpolitischen Bedingungen erzählt die Journalistin Sabine Böhne-Di Leo von der Erfindung der Bundesrepublik.“

https://www.zdf.de/kultur/aspekte/bestenliste-104.html

„Im Sommer 1948 stehen große Entscheidungen an: Die westlichen Alliierten beauftragen 65 Männer und Frauen damit, eine Verfassung auszuarbeiten. Monate leidenschaftlicher Diskussionen beginnen, in denen gestritten, getrickst und geträumt wird. Wie soll es werden, das neue Land?

Kurz nachdem in den drei Westzonen im Frühsommer 1948 eine neue Währung eingeführt wird, riegelt die Sowjetunion West-Berlin ab: Die Stadt ist blockiert. Die USA beschließen, zwei Millionen Menschen aus der Luft zu versorgen und schicken „Rosinenbomber“ los, von denen gleich einer der ersten abstürzt.

Während in Berlin alles auf der Kippe steht, kommt in Bonn der Parlamentarische Rat zusammen: 61 Männer und vier Frauen, die eine Verfassung schreiben sollen, darunter der Sozialdemokrat Carlo Schmid, der Christdemokrat Konrad Adenauer und der Liberale Theodor Heuss. Und dabei geht es um alles: Wie kann es eine Verfassung geben – ohne die Ostzone? Wo soll die Hauptstadt sein? Und welche Lehren sind aus dem Nationalsozialismus zu ziehen?

Sabine Böhne-Di Leo nimmt uns mit auf eine faszinierende Zeitreise ins Jahr 1948/49. Sie schildert lebendig den Alltag zwischen Trümmern und Kartoffeläckern, analysiert die Interessen der Weltmächte und erzählt, auch auf der Basis von Archivfunden, wie das Recht auf Meinungsfreiheit oder auf Asyl den Weg ins Grundgesetz fand – und warum die Gleichberechtigung von Männern und Frauen erst in letzter Sekunde aufgenommen wurde.“

Aus der Verlagsmitteilung.

»Dieser Arbeit am Grundgesetz gibt Sabine Böhne-Di Leo ein Gesicht, sie gibt ihr Gesichter. Sie porträtiert in kleinen Szenen und auch Anekdoten die prägenden Akteure, den listenreichen Konrad Adenauer ebenso wie den künstlerisch-philosophischen Staatsrechtler Carlo Schmid, der wesentlichen Anteil am Grundgesetz hat.«

Thomas Wirth, Fränkische Landeszeitung , 15. März 2024

»Artikel 1. (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar.« – 75 Jahre Grundgesetz
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