Videokonferenz am Dienstag, 2. Mai 2023, 19–21 Uhr.

Mit uns diskutieren

Jakob Beyer, Klimaaktivist Letzte Generation, in München für 23 Tage in präventivem Gewahrsam genommen, (Foto: Marlene Charlotte Limburg)

Mona Neubaur, Landesvorsitzende der GRÜNEN in NRW von 2014–2022, seit dem 29.06.2022 Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie sowie stellvertretende Ministerpräsidentin,

Sina Reisch, Wirtschaftswissenschaftlerin und Aktivistin bei Ende Gelände, für eine Aktion im Leipziger Kohlerevier wegen Hausfriedensbruchs verurteilt,

Fynn Wenglarczyk, Jurist, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschaftsstrafrecht und Rechtstheorie der Goethe-Universität Frankfurt.

Moderation: Hubert Wimber, Polizeipräsident a.D., Debatte e.V.

Anmeldungen bitte per E-Mail oder Kontaktformular. Die Zugangsinformation zur Zoomkonferenz wird rechtzeitig zugesandt.

Klimaterrorismus

Seitdem Klimaaktivisten*innen Straßen blockieren, sich dabei auf dem Asphalt festkleben, Start- und Landebahnen von Flughäfen besetzen, mit Museumsaktionen (Monet mit Kartoffelbrei) auf sich aufmerksam machen, ist mal wieder eine hitzige Debatte eröffnet. Es gäbe keine „guten“ Straftäter, die Bezeichnung als Klimaterroristen bis hin zu einer reflexartigen Forderung nach Strafverschärfungen für die einschlägigen Straftatbestände der Nötigung, des Landfriedensbruchs und der Sachbeschädigung, so schallt es aus der rechts-konservativen Ecke. Die immer schärfere Kriminalisierung von Klimaaktivist*innen fand ihren vorläufigen Tiefpunkt in dem dreiwöchigen „präventiven Gewahrsam“ von 19 Aktivist*innen der Letzten Generation in München.

Omid Nouripour hat als Parteivorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen die Protestmethoden der Gruppe Letzte Generation kritisiert. „Wir sind die Klimaschutzpartei und wir sind froh um jede Art der Proteste, die friedlich und gewaltfrei verlaufen und auch niemanden bedrohen“, so Nouripour. Für Blockaden wichtiger Straßen fehle ihm aber das Verständnis. In dem Augenblick, in dem kritische Infrastruktur angegangen werde, in dem Menschen bedroht und in dem Ultimaten ausgesprochen würden, habe das mit Demokratie nicht mehr viel zu tun.

Auch für Renate Künast läuft das aktuelle Vorgehen der Klimaaktivisten in eine Sackgasse „und verschiebt den Fokus weg vom Anliegen Klimaschutz hin zu der Frage, was noch legitim sei und was nur als Straftat wahrgenommen wird“. Für den Bundesvorsitzenden der SPD Lars Klingbeil endet die Dialogbereitschaft dort, wo strafrechtliche Grenzen überschritten werde. (Quelle: Zeit Online vom 21.02.2023)

Ziviler Ungehorsam: legitime Aktionsform oder staatsfeindlicher Rechtsbruch

Seit dem 19. Jahrhundert ist es in demokratisch verfassten Gesellschaften immer wieder vorgekommen, bei der Verfolgung politischer Ziele staatliche Regeln zu brechen, ohne jemanden zu verletzen oder ihm zu schaden. Dieser zivile Ungehorsam wird üblicherweise definiert als öffentlicher, gewaltfreier und planvoller Rechtsbruch mit dem Ziel, auf Gesetzgebung oder Regierungshandeln einzuwirken. Wenn also der Bruch des geltenden Rechts in der Definition des zivilen Ungehorsams liegt, stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen diese Aktionsformen legitim oder sogar geboten sind.

Die aktuelle rechtliche Diskussion zur Rechtfertigung des zivilen Ungehorsams hat ihren Dreh- und Angelpunkt in der Frage, ob zur Abwehr der Gefahr Klimawandel staatliche Klimaschutzmaßnahmen durch demokratische Verfahren Vorrang haben. Diese Frage wird in Rechtsprechung und juristischer Literatur überwiegend bejaht: Es wird ein umfassender Schutz von kollektiven Rechtsgütern zugunsten des staatlichen Gewaltmonopols angenommen. Ziviler Ungehorsam kann nach der herrschenden Meinung daher in einem demokratischen Rechtsstaat kaum als gerechtfertigt angesehen werden.

Oder vielleicht doch?

=> Unter welchen Bedingungen kommt angesichts der heutigen Kenntnis über die Ursachen und Folgen des Klimawandels auch in einem demokratischen Rechtsstaat ein Zurückstehen des staatlichen Regelungsmonopols hinter individuelle Notstandshandlungen legitimerweise in Betracht?
=> Gibt das Strafrecht Spielräume für eine konstruktive Konfliktlösung? Was bedeutet in diesem Zusammenhang friedlich und gewaltfrei?
=> Gibt es ein Staatsversagen in Sachen Klimaschutz durch Untätigkeit und dessen mögliche irreversible Folgen?
=> Was bedeutet das schließlich für die Partei Bündnis90/Die Grünen, die auf Bundes- und Landesebene verantwortliche Positionen in den jeweiligen Regierungen wahrnehmen?


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WEITERE INFORMATIONEN

Von Fynn Wenglarczyk (Goethe-Uni):

Süddeutsche Zeitung:

Ziviler Ungehorsam – Versuch einer juristischen und politischen Annäherung
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3 Kommentare zu „Ziviler Ungehorsam – Versuch einer juristischen und politischen Annäherung

  • 27.04.2023 um 9:16 Uhr
    Permalink

    Hallo!

    Mit der Bitte um Übermittlung des Links bezüglich der Videokonferenz:
    Ziviler Ungehorsam – Versuch einer juristischen und politischen Annäherung

    Vielen Dank!

    Gruß,
    Martina H.

    Antworten

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